Sieben Schlüsselfragen zur Unternehmernachfolge

– am Beispiel von Stiftungsgestaltungen

 

von Dr. K. Jan Schiffer, Bonn

 

Familienunternehmer, bei denen die Familie den oft traditionsreichen Betrieb trägt, wollen ihr Lebenswerk für die (künftige) Familie bewahren. Da kommt nicht selten der Gedanke an eine Stiftung auf. Vor allem, wenn sich in der Familie gerade kein geeigneter oder nachfolgebereiter Erbe findet. Stiftungen können langfristig, theoretisch sogar ewig wirken – auch wenn die Verbrauchsstiftung gegenwärtig auf dem Vormarsch ist. So können Stiftungen zur Gestaltung der möglichst dauerhaften Unternehmernachfolge eingesetzt werden. Die Fachwelt hat das breit und tief diskutiert. Soweit, so gut.

 

Problematisch ist allerdings, dass wir Berater uns mit kreativen Mandanten nicht ganz selten steuerlich motiviert auch an die Grenzen einer solchen Gestaltung bewegen und gegebenenfalls sogar darüber hinaus, etwa bei einen besonders ausgefuchsten Doppelstiftungsmodell, wenn die eine oder die andere Stiftung gemessen an der Höhe ihre Unternehmensbeteiligung ausgesprochen viele Stimmrechte, aber nur ganz wenige Gewinnanteile erhält. Mitunter findet sich eine echte Gestaltungs- und Modellfreude der Berater, die sich zugleich in komplexen und ebenso langen wie kostspieligen Ausarbeitungen niederschlägt. Die schließlich gewählte Variante wird dann typischerweise vorsorglich mit einer verbindlichen Auskunft der Finanzverwaltung unterfüttert. Die Finanzverwaltung bestätigt dann ggf. die Zulässigkeit der Gestaltung ausgehend von einem ganz konkreten Sachverhalt.

 

Mir stellen sich in solchen Fällen wie allgemein bei Unternehmensnachfolgege-staltungen immer wieder die folgenden sieben Fragen. Man lese also nicht nur „Stiftung“.

 

1. Wie wird die Macht (hier: der Führungsstiftung) effektiv kontrolliert (echtes Vieraugenprinzip, unabhängiges Kontrollorgan etc.), ohne dass ein Funktionärsmanagement entsteht? Es soll doch vielmehr erfolgversprechendes Unternehmertum gefördert werden. Dazu will ich hier davon schweigen, dass der Mensch bisweilen der Versuchung erliegt, sich selbst zu beglücken, etwa indem er ungebührlich hohe Vergütungen für sich beschließt, wenn er dazu etwa als Stiftungsvorstand die freie Befugnis hat. (Das ist zwar idR ein Gestaltungsfehler, kommt aber in der Praxis durchaus vor, wenn der Stifter es so wollte.)

 

2. Wie werden die Organe der in der Führung nachhaltig mit kompetenten und engagierten Persönlichkeiten besetzt? Allein das sich beispielsweise mit den Jahren wiederholende Erfordernis, zwei bis drei Stiftungsvorstände sowie drei bis fünf kontrollierende Stiftungsräte zu berufen, zeigt den hohen Schwierigkeitsgrad dieser Aufgabe.

 

3. Lohnt sich der dauerhafte Mehraufwand wirklich? Es sind typischerweise zwei Stiftungen und die verschiedenen Gesellschaften des Unternehmens zu verwalten. Auch dazu braucht es die geeigneten Personen und Steuerberater und Wirtschaftsprüfer etc. All das und vieles mehr kostet bekanntlich Geld. Das Ehrenamt ist hier nicht auf dem Vormarsch!

 

4. Passt die Gestaltung überhaupt zur Unternehmerfamilie? Niemand darf sich enteignet fühlen und sich aufgefordert sehen, nach Gegenstrategien zu suchen. Solange die Familie, was ja Sinn der Sache ist, irgendwie mit dem Konstrukt verbunden ist und bleibt behalten die Mitglieder der Familie zumindest faktischen Einfluss. Die Fachwelt kennt diese Zusammenhänge in negativer Ausprägung unter dem Schlagwort „Lästiger Gesellschafter“.

 

5. Hält die verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung in dem für die Stiftung angedachten langen Zeitraum? Wurde ausreichend bedacht, dass sich die „verbindliche“ Auskunft nur auf einen ganz bestimmten Sachverhalt bezieht, dass sich Sachverhalte aber erfahrungsgemäß im Laufe von Jahrzehnten mehr oder weniger ändern, so dass neue Sachverhalte entstehen? Zur Erinnerung: Vor hundert Jahre regierte uns noch der deutsche Kaiser.

 

6. Hat die Unternehmerfamilie die erforderliche Stiftungsreife? Ist ihr vor allem klar, dass es sich bei dem Weg in die Stiftung faktisch um eine Einbahnstraße handelt und dass sie sich dauerhaft den Regeln der Stiftung unterwirft? Die Stiftung gehört ja eben nicht der Familie, sondern sich selbst.

 

7. Hat das Konstrukt die für den Unternehmensbereich und letztlich auch für die Familie gebotene Flexibilität?

 

Wenn sich auf diese Fragen keine nachhaltigen Antworten finden, heißt es: Hände weg von dem Gestaltungsvorschlag.

Bei einer für den konkreten Sachverhalt unpassenden Gestaltung hilft auch kein kontrollierender Dauertestamentsvollstrecker. Auch der kann aus „Unsinn“ nicht „Sinn“ machen. Es hilft nichts:

Die Gestaltung muss auf den Sachverhalt passen, der sich bei der betreffenden Unternehmerfamilie zeigt.

 

Rechtsanwalt Dr. K. Jan Schiffer, SP§P SCHIFFER, PETERS & PARTNER
www.schiffer.de