Tagungsbericht – 15. Deutscher Testamentsvollstreckertag 2021

Tagungsbericht von Felix Leven, Mag. iur.

Nachstehend die gekürzte Fassung. Die ausführliche Fassung des Tagungsberichts in der ErbR – Zeitschrift für die gesamte erbrechtliche Praxis, s. hier!

Startschuss in eine neue Zeit! Zum ersten Mal als hybride Tagung ausgerichtet, lud die Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT) am 9. November 2021 zum 15. Deutschen Testamentsvollstreckertag ein. Das neue und besondere Format ermöglichte es annähernd 280 Teilnehmern, an der bundesweit führenden Veranstaltung für Testamentsvollstreckung teilzunehmen.

Zu Beginn leitete der Vorsitzende der AGT, Rechtsanwalt Eberhard Rott, mit einer herzlichen Begrüßung aller Teilnehmer das diesjährige Tagungsprogramm ein und stellte es kurz vor. Dabei bot die jüngst erfolgte Zertifizierung des 1000. Testamentsvollstreckers durch die AGT sogleich einen besonderen Anlass zur Überreichung einer Urkunde an Rechtsanwalt Stefan Leibing aus Baden-Baden durch die Geschäftsführerin der AGT, Frau Tanja Vehreschild.

Traditionell wurde sodann der „AGT-Preis für hervorragende wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge“ verliehen. AGT-Vorstandsmitglied Rechtsanwalt Dr. K. Jan Schiffer überreichte den Preis an Rechtsanwältin Katharina Weiler. Die Preisträgerin arbeitet zurzeit an einer Dissertation auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung und soll hierbei durch die Verleihung des AGT-Preises gefördert werden. Schiffer verband seine Laudatio mit einer herzlichen Einladung zur Vorstellung der Ergebnisse der Arbeit auf einem zukünftigen Testamentsvollstreckertag. Zur Laudatio

Im Anschluss trug Rechtsanwalt Prof. Dr. Jan Roth aus Köln zum interessanten Thema „Steuerrechtliche und insolvenzrechtliche Implikationen bei der Testamentsvollstreckung von illiquiden, aber nicht vermögenslosen Nachlässen“ vor. Er schilderte zunächst breit das Nachlassinsolvenzverfahren, die Auswirkungen einer Insolvenzeröffnung auf die Testamentsvollstreckung und Möglichkeiten zur Steuerung,

um im zweiten Schritt das Potenzial des Testamentsvollstreckers als Eigenverwalter in der Nachlassinsolvenz in den Blick zu nehmen. Roth betonte, dass sich die Testamentsvollstreckung und das Nachlassinsolvenzverfahren aus seiner Sicht ergänzten.

AGT-Vorstandsmitglied Rechtsanwalt Norbert Schönleber berichtete nachfolgend über den 11. und 12. AGT-Workshop (mehr dazu hier) im Jahr 2021, allerdings nun, in die Räumlichkeiten des Wissenschaftszentrums zugeschaltet, als erster Online‑Redner. Auch für das kommende Jahr seien entsprechende Veranstaltungen, die große Nachfrage und positive Resonanz erführen, mit neuen Themen geplant.

 

Den Stand des AGT-Vergütungsprojektes: „Die angemessene Vergütung des modernen Testamentsvollstreckers“ ( mehr dazu hier) zeigte AGT-Vorstandsmitglied Rechtsanwalt K. Jan Schiffer und machte auf die am selben Tag veröffentlichte „Anmerkungen Nr. 1 der AGT zur zeitgemäßen angemessenen Testamentsvollstreckervergütung“ aufmerksam. (Mehr Informationen dazu lesen Sie hier)

 

Die AGT‑Anmerkungen sollen eine praxisnahe Fortschreibung der „Empfehlungen des Deutschen Notarvereins zur Vergütung des Testamentsvollstreckers“ (vgl. hier) darstellen.

Notar a.D. Prof. Dr. Wolfgang Reimann aus Regensburg und Notarvertreter Dr. Martin Margonski aus Krapkowice (Krappitz), Polen, stellten anschließend an die Mittagspause, ebenfalls online zugeschaltet, im Europäische Länderbericht das Thema „Praxisprobleme deutsch-polnischer Testamentsvollstreckung“ im Dialog vor. Angesichts der zunehmenden Zahl grenzüberschreitender Erbfälle gingen die Vortragenden zunächst auf das deutsche und das polnische Testamentsvollstreckerprofil ein. Danach widmeten sie sich den Gemeinsamkeiten und Unterschieden sowie möglichen Arbeitshilfen und zeigten potentielle Fallstricke bei der grenzüberschreitenden Durchführung der Testamentsvollstreckung.

Nach einer kurzen Pause ging Rechtsanwältin Dr. Luise Hauschild aus Köln dann auf die „Testamentsvollstreckung im Spannungsfeld zwischen Family und Business Governance“ und damit herausfordernde Unternehmensnachfolgemandate bei Familienunternehmen ein. Zu Beginn hob sie hervor, dass sich in solchen Fällen „family first“ und „business first“ widersprechen könnten, aber nicht müssten. Darauf aufbauend thematisierte Hauschild die Testamentsvollstreckung in diesem Spannungsfeld. Sie schilderte die notwendigen Schritte und die zu berücksichtigenden Punkte im rechtlichen wie persönlichen Umgang mit entsprechenden Mandaten und ging auf den Handlungsspielraum und die Handlungsmaximen des Testamentsvollstreckers ein.

Zum Abschluss der Veranstaltung wurde der ebenfalls zur Tradition gewordene Vortrag über die „Aktuelle Rechtsprechung zur Testamentsvollstreckung“ in diesem Jahr von Prof. Dr. Anatol Dutta, M. Jur. (Oxford), aus München gehalten. Er begann seinen Vortrag mit der Vorstellung von sechs Entscheidungen zum deutschen Recht, darunter beispielsweise die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.3.2021 (V ZR 158/19) zur Wissenszurechnung zulasten eines Testamentsvollstreckers. Dem folgend widmete sich Dutta auch dem Internationalen Erbrecht und der EuErbVO, warf unter anderem einen Blick auf die Oberle-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 21.6.2018 (C-20/17 „Oberle“) und ging auch auf weitere kürzlich entschiedene Fragen zum Europäischen Nachlasszeugnis (ENZ) ein. Mit seiner konzisen und gleichzeitig kritisch prüfenden Besprechung der ausgewählten Rechtsprechung sowie begleitenden Erläuterungen zum Recht der Testamentsvollstreckung rundete der Vortragende den 15. Deutschen Testamentsvollstreckertag 2021 gelungen ab.

Anwesende Anhänger der Testamentsvollstrecker-Community konnten sich schließlich freuen, dass es in diesem Jahr nach einer Schlussbetrachtung des AGT-Vorstandsvorsitzenden Rott und unter den erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen wieder die Möglichkeit gab, bei einem kleinen geselligen Ausklang an die die Diskussionen des Tages anzuknüpfen.

Der Termin für 2022 steht auch bereits fest: Der 16. Deutsche Testamentsvollstreckerag ist am 15. November 2022 wieder im Bonner Wissenschaftszentrum geplant.

Termin des nächsten Testamentsvollstreckertag finden Sie hier!

 

Hintergrundinformationen zum Testamentsvollstreckertag stehen hier!