Tiere als Erben? – Eine Skizze zu Möglichkeiten

K. Jan Schiffer, Dr., Rechtsanwalt
Friederike Schanz, stud. iur.

veröffentlicht in: AnwZert ErbR 12/2022 Anm. 2

A. Einleitung: Worum geht es?

Karl Lagerfelds Katze Choupette sorgte 2018 für Schlagzeilen. Laut Medienberichten erbte die französische Birma-Katze nach dem Tod ihres Besitzers mehrere Millionen US-Dollar.

Geht so etwas rechtlich überhaupt? Entscheidend für die Antwort ist, nach welchem Recht die betreffende letztwillige Verfügung Lagerfelds zu beurteilen ist.

Wäre Choupette tatsächlich die (Allein-)Erbin, wäre sie damit kein Einzelfall. In den USA ist es möglich, dass ein Tier ein mehrstelliges Millionen-Vermächtnis erbt.[1] Es wurden in den USA wohl neben Hunden auch schon ein Schimpanse und gar ein Huhn als Erbe eingesetzt.[2]

Diese Geschichten wollen wir hier nicht fachlich überprüfen. Sie klingen für uns skurril, im deutschen Erbrecht ist so etwas undenkbar. Es sei hier dahingestellt, ob die Katze tatsächlich Erbe des Millionen-Vermächtnisses ist oder ob auch Lagerfeld sich mit den Finessen des deutschen Erbrechts auseinandersetzen musste, um eine rein faktische Erbenposition für seine Hauskatze zu konstruieren. Allein durch solche Schlagzeilen in der Presse kann bei dem Leser die Idee geweckt werden, ähnliches für das eigene Tier zu wollen. Deswegen soll hier nun das Problem aus deutscher Sicht erörtert werden.

Fälle wie der der Katze Choupette können also – natürlich als Extremfall – durchaus Inspiration für das eigene Tier sein. Das führt dazu, dass entsprechende Fragen an deutsche Anwälte gestellt werden.

Unser Recht betrachtet solche Situationen ausgesprochen nüchtern. Tiere sind zwar zivilrechtlich keine Sachen (mehr). Sie werden jedoch wie solche behandelt. Die geltenden Vorschriften für Sachen werden entsprechend angewendet (§ 90a BGB).

Tiere können also vererbt werden oder Gegenstand eines Vermächtnisses sein. Eine Erbenstellung können sie mangels Rechtsfähigkeit nach deutschem Recht nicht einnehmen.

Doch auch in Deutschland gibt es natürlich ähnlich enge Bindungen zwischen Tier und Mensch wie zwischen Karl Lagerfeld und seiner Katze, die zu dem Wunsch führen, den treuen Gefährten im Testament zu bedenken und das tierische wohl auch für die Zukunft zu sichern.

Was also ist nach deutschem Recht hier möglich?

Genau betrachtet ist die Konstellation einfach: Der Erblasser möchte, dass jemand Verantwortung für das Tier übernimmt und dafür einsteht, dass es bestmöglich versorgt wird.

Weil das Tier im Testament wie eine Sache behandelt wird, ist eine Ersatzlösung zu schaffen, so dass besagtes Tier im Ergebnis de facto in den Genuss der Erbmasse kommt. Die Rechtslage wird erfahrungsgemäß von Rechtslaien kaum einmal durchblickt. Hier ist unbedingt rechtliche Beratung und Aufklärung erforderlich. Auch in der Fachwelt findet sich bisher kaum etwas dazu.[3]

B. Möglichkeiten, Tiere im Testament zu bedenken

I. Niemals: Tier als Erben einsetzen

Wird ein Tier als (Allein-) Erbe eingesetzt, hat das weitreichende Konsequenzen, die jedoch dem Willen des Erblassers deutlich widersprechen dürften: Wird nämlich im Testament fälschlicherweise allein das Tier aktiv in die Position des Erben gehoben, ist das Testament unwirksam.[4] Mangels Benennung eines Erben tritt an die Stelle der gewillkürten die gesetzliche Erbfolge, es sei denn das Gesetz lässt sich in Richtung einer gültigen Erbeinsetzung auslegen. In diesem Fall wird das Tier im Erbe überhaupt nicht gesondert bedacht. Es tritt damit das Gegenteil dessen ein, was der Erblasser mit seiner Verfügung beabsichtigte.

Im deutschen Recht gibt es jedoch eine Vielzahl von Möglichkeiten, „Hund, Katze, Maus, …“ sicher letztwillig zu versorgen. So besteht durchaus die Möglichkeit, eine dem Erben vergleichbare Situation für das Tier zu schaffen. Die Frage, wie das geht, stellt sich nicht nur für Erblasser mit erheblichem Vermögen, die einem Tier ersichtlich auch nach ihrem Tod mehr zuwenden können. Die Frage der letztwilligen Versorgung eins liebgewonnenen Tier stellt sich für Menschen aller Vermögensklassen.

II. Bedingung, Auflage und Pfleger

Das Testament kann mit einer Bedingung oder einer Auflage zugunsten des Tieres versehen werden, die sich an einen Erben oder einen Vermächtnisnehmer richten.[5]

Eine Bedingung ist ein ungewisses zukünftiges Ereignis, von dem eine bestimmte Rechtswirksamkeit abhängig gemacht wird.[6] Die Rechtswirkung einer letztwilligen Verfügung soll also mit Eintritt eines zukünftigen ungewissen Ereignisses entstehen (aufschiebende Bedingung) oder eben mit Eintritt dieses Ereignisses enden (auflösende Bedingung).

Eine solche Bedingung könnte ganz vereinfacht folgendermaßen lauten: X wird Erbe unter der Bedingung, sich um das Haustier Y zu kümmern.

Übernimmt X nun die Verantwortung für das Tier, ist die Bedingung erfüllt. Das ungewisse Ereignis ist eingetreten.

Eine Bedingung kann weitreichend ausgestaltet werden und theoretisch vom Erblasser bis ins kleinste Detail ausgearbeitet werden. Auf diesem Wege kann die Versorgung des Tieres nach den genauen Wünschen des Erblassers gestaltet werden.

Ähnlich wie eine Bedingung funktioniert auch die Auflage in einem Testament. Gemäß § 1940 BGB hat der Erblasser die Möglichkeit, den Erben oder einen Vermächtnisnehmer zu einer Leistung zu verpflichten, ohne einem anderen ein Recht auf die Leistung zuzuwenden. Anders als bei der Bedingung, bei der es der betroffenen Person freisteht, ob sie sie erfüllen möchte oder nicht, stellt die Auflage eine unmittelbare Verpflichtung dar.[7]

Natürlich besteht weiterhin die Möglichkeit, das Testament auszuschlagen, keiner kann zu der Aufnahme eines Haustieres verpflichtet werden.

In beiden Fällen darf dabei nicht die Grenze der Sittenwidrigkeit überschritten werden. Diese ist wegen der Testierfreiheit im BGB jedoch relativ hoch anzusiedeln.[8] Sie sollte gleichwohl immer berücksichtigt werden. Auch wenn alleiniges Ziel die Absicherung des Tieres ist, darf die Stellung der Erben dennoch nicht völlig in den Hintergrund rücken. Ein Erbe darf nie nur Platzhalter sein, anders ausgedrückt „der Erbe ist der Erbe“, im Erbfall geht das Vermögen des Erblassers als Ganzes auf ihn und gegebenenfalls seine Miterben über (§ 1922 BGB). Der Erbe ist der Rechtsnachfolger des Erblassers.

Kontrolle ist oftmals besser als Vertrauen. Kontrolliert werden kann die Einhaltung der Bedingung oder der Auflage beispielsweise von einem Testamentsvollstrecker. Der ist allerdings bekanntlich zu vergüten, verursacht also zusätzlichen finanziellen Aufwand.[9]

Ein im vorliegenden Zusammenhang in der Praxis anzutreffender Gedanke ist es, einen Erben einzusetzen und zusätzlich einen Pfleger für das Tier zu bestimmen. Auch dies kann im Wege einer Auflage oder einer Bedingung erfolgen. Der Erblasser verpflichtet den Erben zu einer monatlichen Vergütung des Pflegers. Auf diesem Wege können die Erbeneinsetzung und die tagtägliche Pflege des Tieres voneinander getrennt werden. Das bietet sich beispielsweise an, wenn es sich um ein sehr pflegeintensives Tier handelt und der Erbe schlichtweg nicht über die Rahmenbedingungen verfügt, dies zu übernehmen.

In jedem Fall ist es, um auch hier Unstimmigkeiten zu vermeiden, ratsam, die Kostenfrage so detailliert wie möglich im Testament festzuhalten.

III. Sonderfall: Tierheim als Erbe

Natürlich besteht immer die Möglichkeit, das Tier in das Tierheim zu geben. Sollte sich weder ein Pfleger finden lassen, noch sollen die Erben mit der Verantwortung belastet werden, stellt das oftmals wohl die einzige Alternative dar. Bedacht werden muss auch, dass diese Möglichkeit jederzeit besteht, wenn der Erbe die Auflage nicht erfüllt oder es nicht zum Bedingungseintritt kommt. Aufpassen muss man in diesem Zusammenhang auch mit sehr vagen Formulierungen, hier kommt auch das Tierheim oder eine anderweitige Tierschutzorganisation ins Spiel.

Ein simples Praxis-Beispiel für eine solche vage Formulierung ist: „Ich vermache alles den Tieren“. Eine solche Verfügung ist ersichtlich mehrdeutig und damit auslegungsbedürftig.[10] Zum einen kann es eine Zweckauflage zu Lasten des gesetzlichen Erben sein (§ 1940, 2193 I BGB), die Anordnung eines Zwecks ist nämlich gem. § 2193 I BGB ausreichend. Andererseits kann es sich aber auch um eine Erbeneinsetzung zu Gunsten einer Tierschutzorganisation handeln.[11] Solche Unklarheiten sollten durch klare Regelungen vermieden werden. Ein Tierheim oder vergleichbare andere Organisationen sollten klar und ausdrücklich als Erben eingesetzt werden. In der Regel handelt sich um rechtsfähige Personen, zum Beispiel eingetragene Vereine, die erbfähig im Sinne des § 1923 BGB sind.[12]

IV. Stiftung (im Ausnahmefall)

Letzte Idee ist die Errichtung einer Stiftung zur Versorgung des Tieres. Das kommt wohlmöglich einer faktischen Erbenstellung am nächsten, wird jedoch wahrscheinlich eher einen Ausnahmefall darstellen und wird deswegen hier nicht weiter beleuchtet.[13]

C. Was muss berücksichtigt werden?

I. Rechtliche Punkte

Wir haben vorstehend von der Errichtung eines Testaments und von Erben geschrieben. Möglich ist aber natürlich auch ein entsprechender Erbvertrag, aber auch ein Vermächtnis mit entsprechenden Auflagen kann sehr wohl ausreichen. Es hängt alles von den Gegebenheiten im Einzelfall und von dem Tier ab. Eine Katze ist eben kein Pferd. Es bestehen also mannigfaltige Ansätze, die Zukunft eines Tieres nach deutschem Recht letztwillig abzusichern.

II. Praktische Punkte

Noch viel wichtiger als das äußere rechtliche Konstrukt erscheint uns, was praktisch bei der Einbeziehung eines Tieres besonders berücksichtigt werden muss.

Der besonders wesentliche Ausgangsfrage ist eine Binsenweisheit: Um was für ein Tier handelt es sich? Bei einem Großtier (Pferd, Elefant, Gepard, …) ergeben sich weitaus größere praktische Probleme als bei dem Standard-Haustier Katze.

1. Kosten

Der Erblasser muss seinem Erben ein passendes Budget zur Verfügung stellen, dass die monatlichen Kosten für Unterbringung und Ernährung und Sonstiges (Tierarzt, Versicherung, …) für eine ausreichende Zeit (Lebenserwartung und Reservezeit) abgedeckt sind. Und daneben muss noch so viel für den Erben/Vermächtnisnehmer verbleiben, dass er sich ausreichend entlohnt sieht. Auf faktische Ehrenamtlichkeit sollte man hier erfahrungsgemäß nicht setzen.

Vor allem die planmäßige, aber auch die außerplanmäßige Tierarztkosten werden gerne unterschätzt.

2. Kenntnisse

Der „Pfleger“ muss ersichtlich viel Verantwortung übernehmen muss. Sei es nun für eine Katze im Haus oder ein Pferd, welches täglich im Stall versorgt werden muss. Das kann auch schnell eine Last darstellen. Profan ist sein Aufgabe zudem auch nicht.

Welche Infos brauche ich über das Tier, sind Vorkenntnisse nötig? Was passiert mit dem Tier, wenn der „Pfleger“ in den Urlaub fahren möchte oder länger krank wird?

Diese Dinge sollten im Vorhinein zwischen Erblasser und „Pfleger“ besprochen und abgeklärt werden.

Da ist etwa auch sinnvoll, festzuhalten, welcher Tierarzt sich um die medizinische Versorgung des Tieres kümmern soll. Der Arzt kennt das Tier am besten und kann durch eine regelmäßige Kontrolle auch eventuellem Missbrauch entgegenstehen. Beispielsweise kann festgelegt werden, dass dieser der möglichen Einschläferung des Tieres zustimmen muss. Wie für die Erben bietet sich an, für das Tier eine Notfallakte zu verfassen[14], die alle wesentlichen Punkte und Kontakte zu dem Tier enthält.

D. Fazit und Schlussbemerkungen

Auch wenn hier die unterschiedlichen Möglichkeiten beleuchtet wurden, ein Tier letztwillige zu bedenken, besteht natürlich immer noch die Möglichkeit, das Tier jemandem einfach zu vererben oder zu vermachen, ohne jedwede Verpflichtung zu konkret klären. Im Testament kann auch alleine der Wunsch oder eine Bitte festgehalten werden, so dass bezogen auf das Tier keine konkrete Verpflichtung entsteht.

Der Rechtsanwalt ist jedoch bei seiner Beratung verpflichtet, immer den sichersten Weg zu empfehlen[15], sodass eine lückenlose Versorgung für das Tiere gewährleistet wird. Alle diese Überlegungen hängen ersichtlich wesentlich davon ab, in welchem Verhältnis der Erblasser zu seinen Erben steht, in welcher Lebenssituation sich die einzelnen Beteiligten befinden, welches Vermögen in den Nachlass fällt und wie viel Aufwand mit der Pflege und Haltung des konkreten Tieres verbunden ist.

Jedenfalls besteht auch im deutschen Erbrecht die teilweise oder auch Möglichkeit besteht, den Nachlass vollkommen oder teilweise auf ein Tier zuzuschneiden – dieses also faktisch in die Position eines Erben zu heben. Wie sinnvoll und notwendig das schlussendlich ist, ist eine Frage des spezifischen Einzelfalls.

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[1]  Vgl. https://www.nzz.ch/amerikas_hunde_erben_milliarden-ld.496996 (zuletzt eingesehen am 13.06.2022).
[2] Vgl. https://www.ksta.de/wirtschaft/–1087078 (zuletzt eingesehen am 13.06.2022).
[3] Siehe aber BayObLG NJW 1988, 2742.
[4] Unwirksamkeit mangels Erbeinsetzung, vgl. Wachter in: Scherer, Münchner Anwaltshandbuch Erbrecht, 5. Auflage 2018, § 4, Rn. 25.
[5] Vgl. § 1940 BGB, ausf. dazu Kössinger in Nieder/ Kössinger Handbuch der Testamentsgestaltung, 6. Auflage 2020, § 9, Rn. 103 ff.
[6] Westermann in MüKo-BGB, 9. Auflage 2021, § 158, Rn. 8.
[7] Leipold in MüKo-BGB, 8. Auflage 2020, § 1940, Rn. 3.
[8] Krätzschel in Firsching/ Graf, Nachlassrecht, 11. Auflage 2019, § 7, Rn. 3.
[9] Ausf. dazu Schiffer/ Rott/ Pruns (Hrsg.); Die Vergütung des Testamentsvollstreckers, 2. Auflage 2022.
[10] Leipold in MüKo-BGB, 8. Auflage 2020, § 2084, Rn. 1 ff.
[11] BayObLG NJW 1988, 2742, 2742.
[12] Weidlich in Grüneberg, 81. Auflage 2022, § 29, Rn. 1 und 7.
[13] Ausf. dazu Schiffer/ Pruns/ Schürmann, Die Reform des Stiftungsrechts, 1. Auflage 2022.
[14] vgl. Schiffer StuB 2007, 120.
[15] BGH NJW 1993, 1320, 1322.