Über die AGT
25-jähriges Jubiläum der AGT
in 2022
„Nichts auf der Welt ist so stark wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“
(Victor Hugo)
Am 13. März 1997 war die Zeit gekommen. Eine Gruppe von Personen, denen die Idee der Testamentsvollstreckung (s.u.) am Herzen lag, fand sich zusammen, um die Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge e.V. (kurz AGT e.V.) zu gründen, eine ‘berufsständische und wissenschaftliche Vereinigung zur Vertretung der gemeinsamen fachlichen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Belange der Testamentsvollstrecker’.
Die AGT e.V. besteht nunmehr seit 27 Jahren. In ihr haben sich bereits über 550 Mitglieder zusammengeschlossen, die Belange einer professionellen Testamentsvollstreckung fördern wollen. Einen wichtigen Beitrag hierzu liefert die Zertifizierung von Testamentsvollstreckern auf der Grundlage der von der AGT entwickelten Richtlinien. Schon mehr als 1200 Testamentsvollstrecker haben sich dieser Zertifizierung unterzogen, die mit einer regelmäßigen Fortbildungspflicht verbunden ist. Die zertifizierten Testamentsvollstrecker (AGT) werden in der von der AGT geführten Testamentsvollstreckerliste veröffentlicht.
1. Wer ist die Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT e.V.)
Die AGT ist eine private Institution in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins (e.V.). Sie ist ein Zusammenschluss natürlicher und juristischer Personen, die das Amt des Testamentsvollstreckers ausüben oder sich berufsbedingt häufig mit Fragen der Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge beschäftigen. Sie ist die einzige interdisziplinäre Vereinigung von Vertretern der rechts- und wirtschaftsberatenden Berufe, der Banken, Sparkassen und Vermögensverwalter sowie von Privatpersonen mit besonderen Erfahrungen und Interessen auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung in Deutschland.
Zur Satzung der AGT.
2. Bestehen der AGT seit 1997 – Von der verbotenen Tätigkeit zum modernen Dienstleistungsangebot
Von der verbotenen Tätigkeit für Banken und Steuerberater zum modernen Dienstleistungsangebot, so könnte man die jüngere Geschichte der geschäftsmäßigen Testamentsvollstreckung kurzgefasst umschreiben.
Anfang 1997 trafen auf Initiative eines Volkswirtes, des späteren und leider viel zu früh verstorbenen Generalssekretärs der AGT, Herrn Dr. Wolfgang Deuker, einige ambitionierte Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und Banker in Bonn zusammen. Sie alle waren von der Idee getragen, dass eine professionelle Nachlassabwicklung, wie sie beispielsweise in den USA möglich ist, auch in Deutschland sinnvoll erscheint. In einer Zeit immer werthaltiger Nachlässe und immer komplexerer Familienstrukturen führen Fehler bei der Gestaltungsplanung und Streit bei der Nachlassabwicklung zu enormen wirtschaftlichen Schäden.
Von der Idee bis zur Gründung der AGT als berufsständischer Interessenvertretung aller an der geschäftsmäßigen Testamentsvollstreckung interessierten Berufsgruppen vergingen nur wenige Wochen.
Die Rechtslage in jener Zeit war für den geschäftsmäßigen Testamentsvollstrecker eindeutig: er musste Rechtsanwalt sein. Die Bedürfnisse der Praxis waren aber schon damals andere. Die künftigen Erblasser suchen eine Vertrauensperson, und diese können dann ebenso gut Banker, Steuerberater oder einer anderen vermögensverwaltenden Berufsgruppe zugehörig sein.
Eine der ersten Aufgaben der AGT bestand daher darin, mit dem sog. „Bonner Modell der AGT“ eine Möglichkeit zu entwickeln, die bestehenden rechtlichen Restriktionen mit den praktischen Bedürfnissen der Erblasser in Einklang zu bringen.
Auf der Herbsttagung der AGT im Jahr 2001 wurde das Bonner Modell der Kooperationsvollstreckung zwischen Rechtsanwälten und geschäftsmäßigen Testamentsvollstreckern anderer Professionen vorgestellt. Mit diesem Modell nahm die AGT eine Rechtsentwicklung vorweg, die der Bundesgerichtshof in Zivilsachen drei Jahre später bestätigte: der geschäftsmäßige Testamentsvollstrecker muss nicht Rechtsanwalt sein, wenn im Rahmen der Testamentsvollstreckung rechtliche Probleme auftreten, muss er einen Rechtskundigen hinzuziehen.
Nahezu zeitgleich stellte der Gesetzgeber die geschäftsmäßige Testamentsvollstreckung vor neue Herausforderungen. Erklärtes Ziel des im September 2004 vorgelegten Referentenentwurfes für ein Rechtsdienstleistungsgesetz war es, den Markt der professionellen Testamentsvollstreckung jedermann zugänglich zu machen, unabhängig von einer Ausbildung, unabhängig von praktischen Erfahrungen und unabhängig vom Bestehen einer Versicherung für den Fall von Vermögensschäden. Der Gesetzgeber will es dem freien Spiel der Kräfte überlassen, welcher Testamentsvollstrecker sich auf dem Markt durchsetzt. Grundsätzlich ist diese Idee sicher begrüßenswert und entspricht dem allgemeinen gesellschaftlichen Verständnis. Bei der Testamentsvollstreckung versagt sie jedoch.
„Der Markt kann aber keine Moral und Werte erschaffen…“, wie Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt es in seiner Rede zum 90. Geburtstag von Bertolt Beitz, der als einer der bemerkenswertesten deutschen Testamentsvollstrecker gilt, formuliert hat (Die Zeit 14/2003).
Der Erblasser will aber gerade konkrete Moral- und Wertvorstellungen durchsetzen, wenn er eine Testamentsvollstreckung anordnet. Und er hat, so bitter es auch klingt, keine zweite Chance, wenn sein Testamentsvollstrecker versagt.
Die Einwände stießen auf taube Ohren. Mit dem am 01.07.08 in Kraft getretenen Rechtsdienstleistungsgesetz (s.o.) hat der Gesetzgeber die geschäftsmäßige Testamentsvollstreckung ohne Ausbildung, Versicherung und praktische Erfahrung ermöglicht.
Damit der Testierende nicht schutzlos unkontrollierbaren Selbstanpreisungen der verschiedensten Anbieter von Testamentsvollstreckungen ausgeliefert ist, reagierte die AGT im Vorgriff auf dieses Gesetz mit ihren am 10.03.2006 verabschiedeten Richtlinien zur Zertifizierung von Testamentsvollstreckern. Diese Richtlinien setzten Mindeststandards in Ausbildung, Versicherung, Erfahrung* und Fortbildung geschäftsmäßig agierender Testamentsvollstrecker. Mehr dazu unter AGT-Zertifizierungsrichtlinien.
In der Folge lösten sie eine Qualitätsoffensive bei den Testamentsvollstreckern aus. Am 15.09.2006 konnte den ersten Rechtsanwälten und Steuerberatern die Bezeichnung „Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)“ verliehen werden. Seither ist ihre Zahl kontinuierlich gewachsen. Auch Kreditinstitute haben das Zertifizierungsangebot angenommen. Erstmalig standen sich damit Angehörige verschiedener Berufsgruppen auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung auf Augenhöhe gegenüber.
Veröffentlicht werden die ‚Zertifizierten Testamentsvollstrecker‘ in der von AGT geführten Testamentsvollstreckerliste, die aktuell bereits über 1000 Testamentsvollstrecker aufweist.
*Lesen Sie dazu auch das BGH-Urteil vom 09.06.2011
Diese Qualitätsoffensive der geschäftsmäßigen Testamentsvollstrecker wurde in der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen. Der Westdeutsche Rundfunk berichtete bereits im Folgejahr von einem sich entwickelten „Berufsbild Testamentsvollstrecker“ (009 WDR Berufsbild TV).
Lesen Sie zu der Wandlung des Testamentvollstreckers auch den Bericht von RA Rott, Vorstandsvorsitzender der AGT: Rott aus_stbg_09_07-2
Bis heute hat sich die Testamentsvollstreckung zu dem hin entwickelt, was sie – richtig gestaltet und umgesetzt – als Rechtsinstitut so wichtig macht: einem modernen Mittel der Vermögensnachfolgegestaltung bei der Gestaltung von Unternehmensnachfolgen, anspruchsvollen Aufgaben des Estate Planning sowie bei schwierigeren privaten Vermögensverhältnissen.
Gleichzeitig hat sich die AGT –als Ausrichter der bundesweit führenden Veranstaltung auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung, dem ‚Deutschen Testamentsvollstreckertag‘– zu einer festen Institution der gehobenen Testamentsvollstreckung entwickelt. Im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren gehört sie zu den anzuhörenden Verbänden. Der von ihr herausgegebene Tagungsband zum Deutschen Testamentsvollstreckertag fasst die Entwicklung auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung eines ganzen Jahres zusammen und hat seinen festen Platz in der Bibliothek der Obersten Gerichte und des Bundesgerichtshofes gefunden.
Das OLG Hamm stellte im Jahr 2017 die Kenntnisse und Fähigkeiten eines durch die AGT zertifizierten Testamentsvollstreckers in diesem Bereich sogar über die eines normalen Fachanwaltes für Erbrecht. Die XING-Gruppe der AGT stellt mit aktuell über 4000 Mitgliedern die mitgliederstärkste Gruppe im Bereich des Erbrechts und der Vermögensnachfolge dar.
Nichtsdestotrotz bleibt die geschäftsmäßige Testamentsvollstreckung einem ständigen Wandel unterlegen. Die Herausforderungen an Testamentsvollstrecker werden stetig komplexer und anspruchsvoller. Vermögensanlageentscheidungen in Zeiten ertragsschwacher Nachlässe, die Bewältigung von Aufgaben aus dem Bereich des digitalen Nachlasses, aber auch moderne Formen der Verwertung von Vermögensgegenständen, wie beispielsweise die Nutzung des ‚Stagings‘ von Immobilien, um nur einige wenige zu nennen, sind Herausforderungen, die ein moderner Testamentsvollstrecker zu bewältigen hat und für die es einer qualifizierten Ausbildung, stetiger Fortbildung und eines wachsenden Netzwerkes bedarf.