Rund um den Testamentsvollstrecker
Themen, Fragen und Chancen
Wer das Vermögen eines Verstorbenen wie erhält -regelt das Erbrecht. Ohne Testament greift die gesetzliche Erbfolge. Der Erblasser kann in einem Testament oder Erbvertrag aber bestimmen, welche Personen was erben sollen.
Erben sind jedoch mitunter überfordert und nicht selten uneins, was mit dem Nachlass passieren soll. Um sicherzustellen, dass der „letzter Wille“ umgesetzt wird, kann der Erblasser einen Testamentsvollstrecker in seinem Testament benennen, der nach seinem Tod den Nachlass verwaltet und abwickelt -und somit auch einem Streit unter den Erben vorbeugen. Das heißt im Umkehrschluss: Ohne Testament – keine Testamentsvollstreckung!
So hat im Zuge immer komplizierter werdender Familien- und Vermögensverhältnisse die Testamentsvollstreckung als erbrechtliches Gestaltungsmittel stark an Bedeutung gewonnen.
Mehr dazu hier.
Hieraus ergeben sich ganz unterschiedliche Fragen und Chancen:
- Warum genau ist der Einsatz eines Testamentsvollstreckers sinnvoll?
>> siehe dazu das AGT-Erklärvideo - Nach welchen Kriterien wähle ich einen Testamentsvollstrecker aus?
>> siehe nachstehend: „Auswahl des Testamentsvollstreckers“
(Beitrag von RA Rott, Vorstandsvorsitzender der AGT) - Wie finde ich den Testamentsvollstrecker meines Vertrauens?
>> siehe in der Testamentsvollstreckerliste (AGT) - Wie werde ich selber Testamentsvollstrecker?
>> siehe dazu „Zertifizierung zum Testamentsvollstrecker (AGT)„: (→) - Allgemeine Fragen nach z.B. Aufgaben, Anforderungen, Benennung, Vergütung des Testamentsvollstreckers bzw. Fragen zur Anordnung von Testamentsvollstreckungen, Arten der Testamentsvollstreckung etc.
>> s. Podcast zum Thema Testamentsvollstreckung mit RA Rott (→) und STB Meier (→)
>> s. nachstehenden Beitrag und unter FAQ (→)
>> zu den Pflichten eines Testamentsvollstreckers: siehe den Beitrag (→)
>> zur Vergütung des Testamentsvollstreckers, siehe den Beitrag von RA Rott (→) sowie das „Testamentsvollstrecker-Vergütungsprojekt“ der AGT: Mehr dazu hier
>> zum AGT-Literaturspiegel: Spezialliteratur für Testamentsvollstrecker (→)
„Warum ist der Einsatz eines Testamentsvollstreckers sinnvoll?“
AGT-Erklärvideo, 11/2020 (mehr dazu hier)
Auswahl des Testamentsvollstreckers – Gestaltungsmöglichkeiten und Praxishinweise zur richtigen Person des Testamentsvollstreckers“
Ein Beitrag von RA Eberhard Rott, Vorstandsvorsitzender der AGT e.V.
Während der inhaltlichen Gestaltung der Testamentsvollstreckung immer mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird, wird die Frage nach der Person des Testamentsvollstreckers vergleichsweise stiefmütterlich behandelt.
I. Warum soll Testamentsvollstreckung angeordnet werden?
Testamentsvollstreckung ist ein sehr persönliches Amt. Die Gründe für die Anordnung einer Testamentsvollstreckung sind vielfältig und ebenso unterschiedlich, wie die Erblasser selbst (vgl. hierzu Rott/Kornau/Zimmermann, Testamentsvollstreckung, 2. Aufl. 2012, S. 54 f.). In der Praxis stehen meist die wohlverstandenen Interessen des Nachlasses im Vordergrund.
Gründe für die Anordnung einer Testamentsvollstreckung:
- immer werthaltigere und komplizierter strukturierte Vermögen, bspw. Fonds und Beteiligungen sowie das in bestimmten Kreisen zunehmend häufiger anzutreffende Auslandsvermögen,
- immer weniger, oftmals ganz fehlende Abkömmlinge,
- fehlendes Vertrauen in die Abkömmlinge,
- Patchwork-Familienstrukturen; sie ergeben sich heute häufig bei zwei oder mehr (ehelichen) Beziehungen, woraus sich die Gefahr ergibt, dass bei unvorhergesehener Versterbensreihenfolge das Vermögen in den „falschen“ Stamm abwandert bzw. abweichend vom Wunsch des Erblassers verteilt wird,
- karitative Erwägungen, aufgrund des damit verbundenen Imagegewinns in der Öffentlichkeit, oder aus Dankbarkeit über das gelungene eigene Leben,
- Versorgung behinderter Abkömmlinge, zur Gewährleistung einer Versorgung unabhängig von den Unwägbarkeiten der öffentlichen Hand (vgl. zur Gestaltung eines Behindertentestaments Weiler, NWB-EV 8/2017 S. 286),
- Vereinfachung und Sicherstellung der Nachlassabwicklung (serviceorientierte Dienstleistung), bspw. wenn die bedachten Abkömmlinge ihren Lebensmittelpunkt in Übersee haben und mit den Formalitäten in Deutschland nicht belastet werden sollen,
- Schutz des Nachlasses vor dem Zugriff von Eigengläubigern des Erben. Die Zahl der Verbraucherinsolvenzfälle steigt kontinuierlich. Viele Erblasser möchten verhindern, dass in der Wohlverhaltensphase die Hälfte des auf den Schuldner entfallenden Nachlassanteils an den Treuhänder und damit an die Gläubiger auszukehren ist.
- Absicherung einer Unternehmensnachfolge. Die lebzeitige Unternehmensnachfolge ist sicherlich vorzuziehen, weil sie dem Unternehmer-Erblasser sehr viel mehr Gestaltungsoptionen lässt. Andererseits liegt es im Wesen des menschlichen Seins, den Zeitpunkt des Ablebens nicht steuern zu können, die Anordnung der Testamentsvollstreckung dient hier der Absicherung vor einer unkontrollierten Nachfolge.
Lesen Sie dazu auch den Beitrag zum Thema „Erben ohne Zank und Streit“: klicken Sie hier!
II. Generelle Anforderungen an die Person des Testamentsvollstreckers
Schon aus diesen unterschiedlichen Aufgabenbereichen wird deutlich, dass es „die“ Testamentsvollstreckung nicht geben kann. Während die Zielrichtung und der Zuschnitt der Testamentsvollstreckung in der Gestaltungspraxis im Rahmen der Anordnung der Testamentsvollstreckung durchaus – wenngleich häufig lediglich rudimentär – Eingang in die letztwilligen Verfügungen findet, wird der Person des Testamentsvollstreckers regelmäßig keine hinreichende Beachtung geschenkt. Dabei steht und fällt die Testamentsvollstreckung mit der Person des Testamentsvollstreckers (J. Mayer in Mayer/Bonefeld, Testamentsvollstreckung, 4. Aufl. 2015).
1. Anforderungen tatsächlicher Art
Ein Testamentsvollstrecker sollte im Idealfall folgendes Anforderungsprofil erfüllen:
(vgl. Schiffer/Rott/Pruns, Die Vergütung des Testamentsvollstreckers, 2014, S. 12)
- das volle und umfassende Vertrauen des Erblassers genießen,
- über menschliche Qualifikation, insbesondere Standfestigkeit im Rahmen der Auseinandersetzung mit den Erben verfügen,
- ausreichende Kenntnisse der wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhänge besitzen,
- sein Amt unabhängig von Eigeninteressen oder den Interessen eines Arbeitgebers führen können,
- über eine ausreichende, bestenfalls durch eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung abgesicherte Bonität im Schadensfall verfügen,
- ein Alter und einen Gesundheitszustand haben, die die Aufgabenerfüllung noch während der – voraussichtlichen – Dauer der Testamentsvollstreckung erwarten lassen,
- einen hinreichenden organisatorischen Background sowie Zeit haben, um sich dem Amt zu widmen,
- nach Möglichkeit auch den Respekt und das Vertrauen der Erben genießen.
Theoretisch leuchtet dieses Anforderungsprofil sicherlich jedem Erblasser ein. Empirische Untersuchungen (Reinfeldt, Die vom Erblasser bestimmte Vergütung des Testamentsvollstreckers, jur. Diss. Passau 2013) zeigen jedoch, dass die Auswahl der Person des Testamentsvollstreckers überwiegend ausschließlich nach dem ersten Kriterium, also dem Vertrauensverhältnis, erfolgt und nur in 28 % der Fälle die Qualifikation eine Rolle spielt. Sehr häufig werden dabei familieninterne Testamentsvollstrecker gewählt. Die Rechtsprechung sieht aber – mit Recht, wie die vielen gegen familieninterne Testamentsvollstrecker gerichteten Entlassungsverfahren zeigen – die Ernennung eines familienfremden Testamentsvollstreckers schon deshalb als vorzugswürdig an, weil dadurch persönliche Konflikte vermieden werden (KG, Beschluss v. 14.6.2013 – 6 W 92/13 NWB AAAAE-91484).
Besonders ärgerlich ist es, wenn etwa Gestaltungsberater die Person des Testamentsvollstreckers offen lassen, was in notariell gestalteten letztwilligen Verfügungen dreimal häufiger geschieht als in eigenhändigen Testamenten (Reinfeldt, Die vom Erblasser bestimmte Vergütung des Testamentsvollstreckers, jur. Diss. Passau 2013). Zwar ist es rechtlich gemäß § 2200 BGB zulässig, die Bestimmung der Person (nicht die Anordnung der Testamentsvollstreckung als solcher!) dem Nachlassgericht zu überlassen. Die Vorstellung jedoch, das Nachlassgericht verfüge über ein Repertoire an kompetenten Testamentsvollstreckern und sei deshalb in besonderem Maße in der Lage, den richtigen Testamentsvollstrecker auszusuchen, ist irrig. Testamentsvollstrecker stehen nicht unter der Kontrolle des Nachlassgerichtes. Die Nachlassgerichte können daher gar nicht beurteilen, ob ein Testamentsvollstrecker seine Arbeit ordentlich erledigt hat. Der Berater, der auf diese Weise vorgeht, erweist seinem Mandanten somit in der Regel keinen guten Dienst.
Praxishinweis
Sollten Erblasser und Gestaltungsberater partout keine Vorstellung von der Person des Testamentsvollstreckers haben, empfiehlt sich ein Blick in das von der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT) e. V. unterhaltene und im Internet unter www.testamentsvollstreckerliste.de abrufbare Verzeichnis. Hier werden bundesweit über 800 Testamentsvollstrecker, die ganz überwiegend aus der Gruppe der Steuerberater und Rechtsanwälte stammen, aufgeführt, die eine Ausbildung als Testamentsvollstrecker nachgewiesen und sich einer laufenden Fortbildungsverpflichtung unterworfen haben. Solche Testamentsvollstrecker können durch den Erblasser frühzeitig angesprochen werden. Der Erblasser kann dann, gleichsam in einer Art „Testamentsvollstreckung auf Probe“, mit dem Testamentsvollstrecker seine Vorstellungen besprechen.
Wer als Steuerberater oder Rechtsanwalt sich selbst als Testamentsvollstrecker empfehlen will, ist gut beraten, einen Ausbildungsgang zum Zertifizierten Testamentsvollstrecker zu absolvieren. Diese seit über zehn Jahren etablierte Zusatzqualifikation wird für den Bereich der Testamentsvollstreckung von der Rechtsprechung als über den Kenntnissen eines Fachanwalts für Erbrecht liegend angesehen (OLG Hamm, Beschluss vom 21.03.2017 – 25 W 268/16). Die Voraussetzungen und das Verfahren zur Zertifizierung finden sich z.B. hier (Stand 13.1.2018).
Vom Rechtsgedanken der Testamentsvollstreckung her muss ein Testamentsvollstrecker nur vom Vertrauen des Erblassers getragen sein, das Vertrauen der Erben braucht er nicht zu besitzen. Aus diesem Grund findet sich zu diesem Gesichtspunkt in den klassischen Lehrbüchern auch zumeist kein Hinweis. Die praktische Erfahrung zeigt indes, dass das Vertrauen der Erben in die Person des Testamentsvollstreckers besser als jedes noch so ausgebuffte rechtliche Konstrukt Angriffe gegen den Erblasserwillen verhindert.
Auch das zeigt die praktische Erfahrung: Erbrechtliche Streitigkeiten mit der Beteiligung von Testamentsvollstreckern dauern regelmäßig sehr lange. Dieser Umstand wird gerne dazu genutzt, finanzielle Ansprüche durchzusetzen, die auf dem normalen Verhandlungsweg nicht zu realisieren wären.
Praxis- und Gestaltungshinweis
Respekt und Vertrauen in den Testamentsvollstrecker können die Erben nur gewinnen, wenn sie ihn kennenlernen. Als ideal erweist es sich, wenn der Erblasser bei dieser Gelegenheit den Erben gleichzeitig auch seine Vorstellungen von der Abwicklung des Nachlasses nachvollziehbar begründet. Gelingt dieser lebzeitige Kontakt nicht (mehr), sollte es erste Aufgabe des Testamentsvollstreckers sein, von sich aus den Kontakt zu den Erben zu suchen und seine Vorstellungen zur Testamentsvollstreckung zu kommunizieren, ggf. sich mit den Erben auf eine Vereinbarung zu verständigen, wie mit den grundlegenden Verfahrensabläufen, insbesondere der Erstellung des Nachlassverzeichnisses, der Rechnungslegung, der Auskunftserteilung sowie der Vergütung umgegangen werden soll.
(Formulierungsvorschläge RA Rott, s. ErbR 2015 S. 398, lesen Sie dazu auch „Die Vergütung des Testamentsvollstreckers – Probleme und Lösungsvorschläge bei der Gestaltung“: hier)
Wird auch diese Chance verpasst, kann eigentlich nur noch eine testamentarische Nichtangriffsklausel einen gewissen Schutz davor bieten, dass die Erben sämtliche prozessrechtlichen Möglichkeiten ausreizen, ggf. mit der Unterstützung eines Prozessfinanzierers, der ihnen die Risiken der Prozessführung abnimmt.
Formulierungsvorschlag testamentarische Nichtangriffsklausel
„Jeder der in diesem Testament Bedachten ist von der Zuwendung ausgeschlossen, wenn er gegen einzelne meiner Anordnungen, insbesondere gegen die von mir verfügten Regelungen zur Testamentsvollstreckung, vorgeht.“
2. Einschränkungen bei der Benennung der Person des Testamentsvollstreckers
a) Die einfachen Fälle
Das Gesetz geht davon aus, dass grundsätzlich jede voll geschäftsfähige natürliche Person Testamentsvollstrecker werden kann. Ausnahmen ergeben sich aus § 2201 BGB bei fehlender oder eingeschränkter Geschäftsfähigkeit oder der Anordnung einer Betreuung mit dem Wirkungskreis Vermögensangelegenheiten. Daneben können auch juristische Personen Testamentsvollstrecker sein. Ausländische – natürliche wie juristische – Personen sind ebenfalls zulässig.
Entscheidender Zeitpunkt für den Unfähigkeitszeitpunkt ist der Antritt des Testamentsvollstreckeramts. Eine nachträgliche Heilung des Unwirksamkeitsgrundes kommt nicht in Betracht. Rechtsfolge ist, dass das Amt gar nicht erst entsteht, es einer Aufhebung der Ernennung oder einer Entlassung aus Rechtsgründen also nicht bedarf.
Praxishinweis
Eine besondere Ausbildung oder sonstige Befähigung braucht ein Testamentsvollstrecker nicht. Benötigt er Rechtsrat, ist er verpflichtet, solchen einzuholen. Diese Kosten braucht er nicht selbst zu tragen, sie fallen dem Nachlass zur Last. Die Rechtsprechung sieht hierin die Konsequenz der Auswahl des Erblassers zur Person des Testamentsvollstreckers (BGH, Urteil v. 11.11.2004 – I ZR 182/02 NWB HAAAB-88521; LG Dortmund, Urteil v. 13.8.2009 – 4 O 91/06).
b) Häufig übersehene Fälle
Einschränkungen bei der Benennung der Person des Testamentsvollstreckers ergeben sich im Übrigen aus allgemeinen Überlegungen und Regelungen außerhalb des BGB, von denen hier nur die in der Praxis häufigsten angesprochen werden können.
aa) Alleinerbe als Testamentsvollstrecker
Nach allgemeiner Auffassung kann ein Alleinerbe grundsätzlich nicht Testamentsvollstrecker sein, weil eine Vollstreckung zur Verwaltung des eigenen Nachlasses sinnlos ist (vgl. Weidlich in Palandt, BGB, 2018, § 2197 Rz. 5). Für möglich gehalten wird allerdings, einen Miterben zum Testamentsvollstrecker einzusetzen oder den Alleinerben zum Mittestamentsvollstrecker. Häufig unberücksichtigt bleiben aber die Störfälle, die sich aufgrund des Vorversterbens von Nachlassbeteiligten oder aufgrund einer Erbausschlagung ergeben können. So wird plötzlich aus einer ursprünglich möglichen Zwei-Personen-Anordnung eine rechtlich unzulässige Testamentsvollstreckeranordnung für einen Alleinerben.
Praxishinweis
Bei der Testamentsgestaltung sollten also nicht nur die Auswirkungen von Störfällen auf die letztwilligen Zuwendungen bedacht werden, sondern die gleiche Aufmerksamkeit ist auch den Auswirkungen von Störfällen auf die Person des Testamentsvollstreckers zu richten.
bb) Ehegatte als Testamentsvollstrecker
In der Praxis wird zum Schutze minderjähriger Kinder häufig der überlebende Ehegatte als Testamentsvollstrecker ernannt. Bei unpräziser Formulierung, kann dann zunächst darüber gestritten werden, ob die Testamentsvollstreckung nur für Erbanteile der minderjährigen Miterben angeordnet ist oder für den Gesamtnachlass, so dass der Ehegatte auch Testamentsvollstrecker für seinen eigenen Anteil wäre, was nach dem Vorstehenden unzulässig wäre. Streit wäre häufig vorprogrammiert. Das Testament muss ausgelegt werden. Der Rechtsstreit hat das Zeug, durch die Instanzen zu gehen.
Formulierungsbeispiel (negativ)
„Zu meinen Erben bestimme ich meinen Ehemann, meinen (volljährigen) Sohn sowie meine (minderjährige) Tochter. Ich ordne Testamentsvollstreckung an.“
Formulierungsbeispiel (positiv)
„Zu meinen Erben bestimme ich meinen Ehemann, meinen (volljährigen) Sohn sowie meine (minderjährige) Tochter zu jeweils gleichen Teilen. Für den Fall, dass mindestens eines meiner Kinder noch minderjährig ist, ordne ich, beschränkt auf den Erbteil des Minderjährigen, Testamentsvollstreckung an.“
Zulässig ist nach allgemeiner Auffassung die Doppelstellung von überlebenden Ehegatten als dann alleinigem Sorgerechtsinhaber über die minderjährigen Kinder und dem Amt als Testamentsvollstrecker für die Kinder. Allerdings muss im Einzelfall geprüft werden, ob nicht doch Gesichtspunkte vorliegen, die die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft nach §§ 1796 Abs. 2, 1909 BGB erforderlich machen (BGH, Beschluss v. 5.3.2008 – XII ZB 2/07 NWB JAAAC-79895). Im entschiedenen Fall – es ging um die Verwaltung von Gesellschaftsanteilen – ergab sich ein Entscheidungsmarathon über drei Instanzen zuzüglich einer Zurückverweisung zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes.
cc) Vormund und Betreuer als Testamentsvollstrecker
Auch hier ist nach allgemeiner Auffassung ein genereller Ausschluss vom Vollstreckeramt nicht anzunehmen. Im Regelfall wird es aber der Bestellung eines Ergänzungspflegers nach §§ 1796, 1909 BGB bedürfen, weil im Regelfall davon auszugehen sein wird, dass das Vormundschaftsgericht dem Vormund die Vertretungsmacht hinsichtlich der Wahrung der Rechte des Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker entziehen wird (vgl. Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, 2014, D. I. Rz. 106).
dd) Mitarbeiter von Heimen als Testamentsvollstrecker
Nach den meisten Landesheimgesetzen (bspw. § 7 Abs. 1 WTG NRW) ist es Mitarbeitern von Heimen untersagt, sich für die Erfüllung der Pflichten aus dem Heimvertrag Geldleistungen versprechen oder gewähren zu lassen. Diese Regelungen dienen dem Schutz des Heimfriedens. Einzelne Heimbewohner sollen sich nicht durch das Versprechen von finanziellen Zuwendungen nach ihrem Tode Vorteile verschaffen können.
Zuwendungen in Form von Erbschaften, Vermächtnissen o. Ä. fallen nach ganz h. M. unter dieses Verbot, von dem mobile Pflegedienste oder Haushaltshilfen in den meisten Bundesländern, anders als teilweise in anderen europäischen Nachbarländern, nicht betroffen sind. Für die Anordnung von Testamentsvollstreckungen liegen Entscheidungen noch nicht vor. Für entgeltliche Testamentsvollstreckungen wird der Rechtsgedanke aber entsprechend angewandt (Everts, ZEV 2006 S. 544). Die Anordnung einer solchen Testamentsvollstreckung wäre nach § 134 BGB i. V. mit der entsprechenden heimrechtlichen Landesvorschrift unwirksam (Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, 2014, D. I. Rz. 115). Eine Zusammenstellung der einschlägigen landesgesetzlichen Vorschriften findet sich unter www.erbrecht.de/Ratsuchende/HeimG (Stand 13.1.2018).
Gestaltungshinweis
Soll ein Mitarbeiter eines Pflegeheimes gleichwohl die Nachlassabwicklung übernehmen, was aus praktischen Gründen in übersichtlichen Fällen (Räumung des Pflegezimmers, Auflösung überschaubarer Bankkonten, Verwertung von Mobiliar, Schwierigkeiten beim Auffinden der Erben) sinnvoll sein kann, empfiehlt sich die Lösung über eine Generalvollmacht mit individuell gestaltetem Geschäftsbesorgungsvertrag für das Innenverhältnis.
ee) Öffentliche Bedienstete als Testamentsvollstrecker
Beamte, Richter und Soldaten, aber auch Beschäftigte im öffentlichen Dienst (gleichgestellt sind Angestellte von öffentlich-rechtlichen Sparkassen), unterliegen einem grundsätzlichen Nebentätigkeitsverbot (bspw. § 6 NtV NRW; § 99 BBG; § 20 SoldatenG; § 3 Abs. 3 Satz 2 TVöD). Diese Personengruppen müssen die Übernahme von Testamentsvollstreckungen vor deren Aufnahme durch den Dienstherrn genehmigen lassen. Ein genereller Anspruch auf Genehmigung besteht nicht (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 4.5.2010 – 3 Sa 688/09). Darüber hinaus gibt es in den Arbeitsverträgen der Banken, aber auch privater Arbeitgeber, teilweise umfassende Nebentätigkeitsverbote, die auch Testamentsvollstreckungen erfassen dürften. Ob die Bestimmung einer Person, die einem gesetzlichen Nebentätigkeitsverbot unterliegt, die Anordnung der Testamentsvollstreckung nach § 134 BGB unwirksam macht, erscheint eher zweifelhaft, weil sich der Schutzbereich der Norm auf das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beschränken dürfte. Aus dem Beschäftigungsverhältnis heraus drohen dem Testamentsvollstrecker dann aber Sanktionen, wenn er das Amt vorschnell angenommen hat, ohne um die Genehmigung nachzusuchen. Auch wird der Arbeitgeber einen Unterlassungsanspruch geltend machen können.
Für Erben, die eine ihnen missliebige Anordnung der Testamentsvollstreckung torpedieren wollen, ist dies auf jeden Fall „ein gefundenes Fressen“. Und Hand aufs Herz: Welcher künftige Erblasser kennt schon den Beruf seines Testamentsvollstreckers im Zeitpunkt des Erbfalls? Und welcher Berater diskutiert mit seinem Mandanten den Beruf des designierten Testamentsvollstreckers?
Praxis- und Gestaltungshinweis
Will man der Anordnung der Testamentsvollstreckung zur Person des Testamentsvollstreckers zusätzliche Bestandskraft verleihen, darf keinesfalls eine Regelung zur Ersatztestamentsvollstreckerbestimmung fehlen.
„Für den Fall, dass der von mir ernannte Testamentsvollstrecker vor oder nach Eintritt des Erbfalls wegfällt, sein Amt niederlegt oder das Amt aus sonstigen Gründen beendet ist, bestimme ich hiermit zum Ersatztestamentsvollstrecker (…). Hilfsweise ersuche ich das Nachlassgericht, gemäß § 2200 BGB einen Testamentsvollstrecker zu ernennen. Das Nachlassgericht soll seine Auswahl aus dem Kreis der unter www.testamentsvollstreckerliste.de verzeichneten Testamentsvollstrecker treffen und dabei vorzugsweise einen ortsnahen Testamentsvollstrecker auswählen.“
ff) Testamentsvollstrecker mit Interessenkonflikten
Immer dann, wenn der Testamentsvollstrecker nicht nur im Interesse der Erben, sondern zugleich im eigenen oder im Interesse eines Dritten tätig wird, können Erblasser- und Erbeninteressen divergieren. Regelmäßig lässt sich aber nur ein Interesse unter Hintansetzung des anderen fördern. Ein solches Aufeinandertreffen verschiedener Interessen muss nicht, kann aber zum Missbrauch des Vertrauens verleiten, das der Erblasser dem Testamentsvollstrecker entgegengebracht hat. In solchen Situationen kann das Erbrecht die Durchsetzung des Erblasserwillens nicht mehr garantieren (Adams, Interessenkonflikte des Testamentsvollstreckers, jur. Diss. Bochum 1996, S. 2).
In Literatur und Rechtsprechung hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass solche Interessenkonflikte, wie sie bspw. auch im Falle einer Ämterhäufung in der Person des Testamentsvollstreckers auftreten können, hinzunehmen sind, wenn sie dem Erblasserwillen entsprechen. Dieser juristisch ohne Weiteres nachvollziehbare Ansatz erweist sich indes in der Praxis als ausgesprochen unbefriedigend und führt regelmäßig zu sehr heftigen, den Nachlass erheblich beeinträchtigenden Streitigkeiten. Die Probleme liegen darin begründet, dass die Gerichte den Willen eines Erblassers ermitteln sollen, den sie niemals gekannt haben und in dessen Gedankengänge sie nicht einbezogen waren. Häufig geht die gerichtliche Entscheidung dann so aus, dass der Interessenkonflikt als hinzunehmen angesehen wird, schlicht kraft der Vermutung, der Erblasser werde ihn schon gesehen haben, schließlich sei er ja auch im Rechtsstreit erkennbar gewesen. Dies ist aber u. U. ein Trugschluss.
Praxis-und Gestaltungshinweis
Der für vermögende Kreise oftmals zu hörende Rat, es möge der Anwalt des (ganz besonderen) Vertrauens des Erblassers zum Testamentsvollstrecker bestimmt werden, ist sicherlich nicht falsch, aber eben auch nicht immer richtig. Jedenfalls kann die Person des Testamentsvollstreckers nicht losgelöst von einer umfassenden Betrachtung des Umfeldes bestimmt werden, in dem er tätig sein wird.
Der künftige Erblasser wird den Interessenkonflikt erfahrungsgemäß nicht erkennen. Ein objektiver Berater sollte, wenn er in einem solchen Fall auf die Übernahme der künftigen Testamentsvollstreckung angesprochen wird, entweder die Testamentsvollstreckung ablehnen oder wenigstens den Erblasser auf einen potenziell bestehenden Interessenkonflikt hinweisen. Ist dem Erblasser die Konfliktmöglichkeit dann bewusst, empfiehlt es sich, einen entsprechenden Passus in die letztwillige Verfügung aufzunehmen, etwa mit dem Inhalt: „Mir ist durchaus bewusst, dass der Testamentsvollstrecker bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben (…) einem Interessenkonflikt unterliegt. In Kenntnis dieses Interessenkonflikts ernenne ich ihn gleichwohl zum Testamentsvollstrecker, da ich davon ausgehe, dass er diesen Konflikt sachgerecht handhaben wird.“
Praxis- und Gestaltungshinweis
Ergänzend zu der oben beschriebenen Nichtangriffsklausel kann an die Einräumung der Befugnis des Testamentsvollstreckers zur Bestimmung seines Nachfolgers für den Fall seiner Ablösung gedacht werden, was durchaus dämpfend auf die Streitlust von Erben wirken kann: „Der Testamentsvollstrecker wird ermächtigt, seinen Nachfolger zu benennen.“
Auch die Befugnis zur Ernennung von Mittestamentsvollstreckern kommt in Betracht: „Dem Testamentsvollstrecker wird die Befugnis eingeräumt, bis zu (…) Mittestamentsvollstrecker zu ernennen, wenn dies zur Vermeidung von Interessenkonflikten notwendig erscheint.“
III. Fazit
Nahestehende Menschen zu Testamentsvollstreckern zu ernennen, erscheint einleuchtend. Diese Nähe ist es aber oftmals, die die Probleme für die Testamentsvollstreckung überhaupt erst schafft. Familieninterne Testamentsvollstrecker sollten per se nur die letzte Wahl sein. Auch die Auswahl des „Familienanwalts“ oder des „Steuerberaters der Firma“ kann zu erheblichen Risiken für den Nachlass führen, falls dieser nicht in der Lage ist, sein Amt mit der notwendigen Souveränität einerseits und Empathie andererseits auszuüben. Denn es gilt, sowohl den Erblasserwillen stringent umzusetzen, als auch zu verhindern, dass sich einzelne Nachlassbeteiligte so „ungerecht“ behandelt fühlen, dass sie die Abwicklung des Nachlasses zum Schaden aller mit langwierigen Rechtsstreitigkeiten belasten.
Die richtige Mischung aus Nähe einerseits und kritischer Distanz andererseits zeichnet „den richtigen“ Testamentsvollstrecker aus. Bei der Auswahl des Testamentsvollstreckers sollte sich der Erblasser Zeit nehmen. Das Verzeichnis www.testamentsvollstreckerliste.de kann helfen, den ‚individuell richtigen‘ Testamentsvollstrecker zu finden.
(vgl. auch NWB-EV Nr. 2 vom 07.02.2018)