Die Bedeutung der Testamentsvollstreckung

Erbvolumen in Deutschland

Insgesamt haben Menschen in Deutschland einiges zu vererben.

Im Bundesdurchschnitt wird jeder Fünfte künftig ein Vermögen von einer Viertelmillion Euro oder mehr für seine Erben hinterlassen¹. Rd. zwei Drittel der Deutschen können sich über eine Erbschaft von mehr als 100.000 Euro freuen. Vererbt wird zumeist Geld (75%), Hausrat (51%), Grundstücke/Immobilien (40%), Schmuck (32%), Autos (13%), Wertpapiere (12%), ein Unternehmen (4%) und/oder Gold/Münzen (4%)².

 

Wer das Vermögen eines Verstorbenen wie erhält -regelt das Erbrecht. Ohne Testament greift die gesetzliche Erbfolge.

Der Erblasser kann in einem Testament oder Erbvertrag aber bestimmen, welche Personen was erben sollen.

Erben sind jedoch mitunter überfordert und nicht selten uneins. Um sicherzustellen, dass der „letzter Wille“ umgesetzt wird, kann der Erblasser einen Testamentsvollstrecker in seinem Testament benennen, der nach seinem Tod den Nachlass verwaltet und abwickelt -und somit sowohl Fehler in der Abwicklung als auch einem Streit unter den Erben vorbeugen.

So hat im Zuge immer komplizierter werdender Familien- und Vermögensverhältnisse die Testamentsvollstreckung als erbrechtliches Gestaltungsmittel stark an Bedeutung gewonnen, woraus sich ganz unterschiedliche Fragen und Chancen ergeben:

  • Warum genau ist Testamentsvollstreckung sinnvoll?
    >> siehe unten sowie das 1. AGT-Erklärvideo
  • Nach welchen Kriterien wähle ich einen Testamentsvollstrecker aus?
    >> siehe den Beitrag: „Auswahl des Testamentsvollstreckers“ ()
  • Wie finde ich den Testamentsvollstrecker meines Vertrauens?
    >> siehe in der Testamentsvollstreckerliste der AGT
  • Wie werde ich selber Testamentsvollstrecker?
    >> siehe dazu „Zertifizierung zum Testamentsvollstrecker (AGT)“: ()
  • Allgemeine Fragen nach z.B. Aufgaben, Anforderungen, Benennung, Vergütung des Testamentsvollstreckers bzw. Fragen zur Anordnung von Testamentsvollstreckungen, Arten der Testamentsvollstreckung etc.
    >> s. Podcast zum Thema Testamentsvollstreckung mit RA Rott () und STB Meier ()
    >> zu den FAQ ()
    >> zu den Pflichten eines Testamentsvollstreckers: siehe den Beitrag ()
    >> zur Vergütung des Testamentsvollstreckers, siehe den Beitrag von RA Rott () sowie das „Testamentsvollstrecker-Vergütungsprojekt“ der AGT: Mehr dazu hier
    >> zum AGT-Literaturspiegel: Spezialliteratur für Testamentsvollstrecker ()
  • Spezielle Fragen aus der Praxis der Testamentsvollstreckung
    >> siehe „Antworten und Kontakte für Testamentsvollstrecker“: hier

1. Gründe für eine Testamentsvollstreckung

Hauptgrund für die Anordnung der Testamentsvollstreckung ist das Ziel, dass der letzte Wille des Erblassers auch tatsächlich, und wie von ihm gewünscht, umgesetzt wird

– vor dem Hintergrund der:

  • immer komplexeren und komplizierteren Familienstrukturen (Patchwork-Familien, Minderjährige, behinderte Angehörige, verschuldete Erben, fehlende Abkömmlinge, Wohnsitz im Ausland)
  • immer werthaltigeren und komplizierteren Vermögensstrukturen (Wertpapiere, Immobilien, Luxusgüter, Unternehmen, Vermögen im Ausland, Stiftungen)

Die zunehmende Zahl von Patchwork-Familienstrukturen, verschuldeter Abkömmlinge, die Versorgung minderjähriger oder behinderter Kinder, die Sicherstellung einer Unternehmensnachfolge, die Erfüllung karitativer Zwecke, etwa die Errichtung einer Stiftung oder einfach nur die Sorge um eine reibungslose Verteilung des Nachlasses unter den Erben lassen die Testamentsvollstreckung daher zunehmend in den Focus der modernen erbrechtlichen Gestaltungsmittel rücken.

Die richtig angeordnete Testamentsvollstreckung hat eine doppelte Schutzfunktion: Der Erbe kann über den Nachlass nicht verfügen. Das Recht steht dem Testamentsvollstrecker zu. Zum Schutz der Erben ist etwaigen Gläubigern der Zugriff auf den Nachlass nicht gestattet.

2. Entlastung/Unterstützung der Erben

Eine Testamentsvollstreckung kann den/die Erben in vielerlei Hinsicht entlasten, z.B.:

  • Sicherung des Nachlasses
  • Sichtung aller Unterlagen
  • Sichtung des Digitalen Nachlasses (mehr dazu hier)
  • Erstellung des Nachlassverzeichnisses (§ 2215 BGB)
  • Klärung aller bestehenden privaten und geschäftlichen Vertragsbeziehungen und ggfs. Durchführung notwendiger Kündigungen
  • Ausgleich bestehender Verbindlichkeiten bzw. Einziehen von Forderungen
  • Wohnungsauflösung
  • Abgabe der Erbschaftsteuererklärung
  • Spezialkenntnisse z.B.
    – Behindertentestament
    – Sozialrecht
    – Datenschutz
  • (langfristige) Verwaltung des Vermögens
  • Be- und ggfs. Verwertung des Nachlasses
    – wertvolle Sammlungen (Münzen, Medaillen, Briefmarken)
    – Kunst, Antiquitäten
    – Immobilien
    – Fahrzeuge
    – Versicherungen
    – Versteigerungen
    – Geldanlage…
  • Konten- und Grundstücksumschreibungen
  • Überwachung aller Fristen
  • Themen des öffentlichen Rechts: z.B. Umgang mit Altlasten, Bauerwartungsland, Gewerbe- und Handwerksrecht, Bestattungsrecht
  • Unterbringung von Haustieren

3. Ohne Testament keine Testamentsvollstreckung

Die Anordnung der Testamentsvollstreckung erfolgt durch den Erblasser in seinem Testament oder einem Erbvertrag (§ 2197 Abs. 1 BGB).

In Deutschland haben…
(Quelle: Volksbund)

In einem Testament oder in einer letztwilligen Verfügung erklärt eine Person ihren letzten Willen für den Fall ihres Todes. Das Testament kann eine oder mehrere Anordnungen oder letztwillige Verfügungen enthalten, z.B. Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder die Anordnung der Testamentsvollstreckung. Das Testament ist in einer bestimmten Art und Weise (Form) zu errichten. Das deutsche Erbrecht kennt die Form des notariellen Testaments und des handschriftlichen Testaments. Eheleute und eingetragene Partner können auch ein gemeinschaftliches Testament errichten. Letztwillig verfügt werden kann auch durch Erbvertrag.

 

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¹ lt. einer Studie der Quirin Bank mit dem Markforschungsinstitut YouGov für die Studie „Erbschaften in Deutschland 2017“ , für die deutschlandweit mehr als 7400 Interviews geführt wurden.
² s. auch FAZ 12/2020, Quelle: Institut für Demoskopie Allensbach. Stand 2018